ARBEITSTECHNIK EINER ARTOTHEK MITTLERER GRÖSSE

Hedwig Schumann (Leiterin der Artothek Oldenburg)


Beispiel Oldenburg

Die Stadt Oldenburg hat 139.000 Einwohner und unterhält seit 1982 eine Artothek. Mit 300 ausleihbaren Exponaten hat die Artothek ihren Ausleihbetrieb begonnen, heute sind über 700 Arbeiten für die Ausleihe vorbereitet. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um Grafik, einige Aquarelle, Zeichnungen, also Unikate und 68 Kleinplastiken sowie einige Objektkästen.

Die Artothek der Stadt Oldenburg wird von der Kulturabteilung betreut und ist an zwei Tagen pro Woche geöffnet: montags von 15.00 bis 17.00 Uhr und mittwochs von 16.00 bis 19.00 Uhr. Die spätere Öffnungszeit ist besonders für Berufstätige gedacht und wird sehr gut angenommen. Bei einer Jahresausleihe von über 2.700 Exponaten herrscht an den beiden Nachmittagen ein reger Betrieb, wie man leicht errechnen kann. Benutzer der Oldenburger Artothek sind zum großen Teil Schüler, Studenten, Angestellte und Beamte. Es findet ein häufiger Wechsel des Entleiher-Publikums statt, zum Einen bedingt durch die Universität, zum Anderen aber auch, weil die Nutzer der Artothek nach zwei bis drei Jahren dazu neigen, eigene Grafiken zu kaufen, sodass die Artothek ihrem Auftrag Vermittlung von zeitgenössischer Kunst und Künstlerförderung vollauf gerecht wird. Insgesamt sind 270 regionale, nationale und internationale Künstler in der Artothek vertreten; ein Schwerpunkt liegt bei osteuropäischer Grafik. In der Vergangenheit stand ein jährlicher Etat von 8.000,-DM für Neuerwerbungen zur Verfügung. Durch die finanziellen Schwierigkeiten ist 1987 das erste Mal kein Ankaufsetat vorhanden gewesen. Um den Ausleihbetrieb dennoch weiterführen zu können, haben Sammler und Künstler Arbeiten in die Artothek gegeben, zum Teil als Leihgaben, zum Teil als Spenden. Mit den Sammlern sind Leihverträge geschlossen worden, dass die Grafiken ein bis zwei Jahre in den Ausleihbestand der Artothek übernommen und dann an die Sammler zurückgegeben werden. Wenn die Artothek weiterhin funktionsfähig bleiben soll, kann dies natürlich nur eine Notmaßnahme bleiben.

Um den Ausleihbetrieb der Artothek vorzubereiten, war nicht nur ein ausreichender Bestand an Grafiken und Kleinplastiken notwendig. Es musste über Rahmung, strapazierfähige Tragekartons, über die optimale Lagerung und Aufbewahrung der Grafikblätter, über Beschaffung von geeignetem Passepartoutkarton, Vitrinen und Sockel, über die praktische Handhabung der Bilderaufhängung und über einen Bestandskatalog nachgedacht werden. Informationen in anderen Artotheken und Graphotheken wurden gesammelt und auf Oldenburger Verhältnisse zugeschnitten.

Rahmung

Für die Ausleihe der Grafiken war es wichtig, ein Rahmensystem zu finden, das auch in größeren Formaten noch transportabel ist. Der Rahmen durfte nicht leicht zu öffnen und sollte möglichst gefahrlos zu transportieren sein. Wir haben uns nach reiflichen Überlegungen für ein Rahmensystem entschieden, das aus Leichtmetallschienen besteht, eine Papprückwand hat und Acrylverglasung vorsieht. Der Rahmen ist so verschlossen, dass er vom Entleiher nur schwer zu öffnen ist. Für die Acrylverglasung haben wir uns entschieden, weil es wichtig ist, Bruchschäden möglichst auszuschließen, da die Oldenburger Artothek keinen Versicherungsschutz anbietet. Die Arbeiten sind nur versichert, solange sie in der Artothek aufgehängt sind. Sobald der Entleiher die Arbeiten mit nach Hause nimmt, ist er für die Grafik oder Kleinplastik haftpflichtig.

Formate

Eine weitere Überlegung war die Rahmengröße. Um die Lagerhaltung möglichst zu vereinfachen, hat die Oldenburger Artothek sich auf vier Formate beschränkt. Die kleinsten sind 30 cm x 40 cm, weiter sind 50 cm x 70 cm, 60 cm x 80 cm und 70 cm x 100 cm angeschafft worden. Diese Maße sind Standardmaße, die von fast allen Rahmenfabrikanten ohne Aufpreis angeboten werden, sie entsprechen jedoch nur teilweise den üblichen Papierformaten nach DIN. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass die gängigste Größe, d.h. die meist entliehenen

Bilder, das Format 50 cm x 70 cm haben. Dank der leichten Handhabung und des geringen Gewichtes sind auch die Rahmen 70 cm x 100 cm noch mühelos zu transportieren.

Viele Arbeitsgänge sind nötig, um eine Graphik ausleihfähig zu machen. Nach dem Kauf wird die Graphik inventarisiert, katalogisiert und systematisiert. Für jedes Bild werden mehrere Karteikarten angefertigt, die in die verschiedenen Kataloge (Künstlerkatalog, Motivkatalog u.a.m.) eingelegt werden müssen. Die Graphik wird passepartouriert, anschließend werden Aufnahmen für die Fotos im alphabetischen Katalog und Dias für die systematischen Serien gemacht. Die Dias werden gerahmt und sortiert. Biographien neuer Künstler müssen ermittelt und erfaßt werden. Erst dann kann ein Bild eingerahmt und verliehen werden.

Ausleih-Kontrolle

Um dem Entleiher eine bessere Information über Kunstwerk und Künstler mitzugeben, sind auf der Rückseite der Rahmen Bildbeschreibungen und biographische Angaben über den künstlerischen Werdegang des Urhebers angebracht, dazu eine Inventarnummer und eine Leihliste, die über das Rückgabedatum Auskunft gibt. Dieses System erleichtert den Überblick über häufig oder selten ausgeliehene Bilder, ohne dass eine gesonderte Kartei oder eine Statistik nötig wird. Gleichzeitig ermöglicht es dem Entleiher, selbst zu überprüfen, ob das von ihm ausgeliehene Bild sehr gefragt ist und er hat außerdem einen Hinweis auf das Rückgabedatum, obwohl bei der Ausleihe noch einmal gesondert ein kleiner Zettel mit dem Rückgabedatum ausgehändigt wird.

Transportverpackung

Aus den Abmessungen der Rahmen-Formate ergibt sich die Größe der Tragekartons, die für diese Formate angefertigt werden müssen. Die Beschränkung auf die vier gewählten Größen ermöglicht die Bestellung größerer Stückzahlen, was den Preis wesentlich verbilligt. Wir haben eine Kartonfabrik in unmittelbarer Nähe beauftragt, einen Tragekarton aus fester Pappe zu fertigen, der mit einem Tragegriff versehen sein muss, und der innen nur einen geringen Spielraum von wenigen Millimetern pro Bildgröße für die zu transportierenden Bilder aufweist, so dass selbst bei einem Fahrradtransport, der in Oldenburg keine Seltenheit ist, keine Schäden auftreten können. Die Tragekartons sind querformatig, d.h., dass bei der Größe 50 cm x 70 cm die Tragehöhe etwa 55 cm beträgt. Der Tragekarton, aus braunem, 2seitigem Natron-Karton, 1,5 mm stark gefertigt, ist auf der Außenseite außerdem mit einem Artothekaufkleber versehen, der beim Transport gleichzeitig als Werbeträger dient. Die Haltbarkeit der Kartons beträgt je nach Ausleihfrequenz ca. 4 bis 5 Jahre; für Erneuerung und Wiederankauf müssen also jährlich finanzielle Mittel fest eingeplant werden. Wie bei den Bilderrahmen ist es auch bei den Tragekartons wichtig, einen eigens dafür ausgerüsteten Lagerraum einzurichten. Wir haben uns für ein Regalsystem entschieden, in dem die Kartons nach Größen sortiert aufbewahrt werden. Auch für die auszuleihenden Kleinplastiken stehen Faltkartons in drei verschiedenen Größen zur Verfügung. Die Entleiher werden darauf aufmerksam gemacht, dass alle enfliehenen Grafiken und Kleinplastiken in den Original-Verpackungen der Artothek zurückgegeben werden müssen. Bei Verlust der Verpackung muss der Entleiher Ersatz leisten.

Bei der Ausleihe von Ölbildern ist eine zusätzliche Verpackung notwendig. Wir haben uns für eine Luftpolsterfolie entschieden, in weiche das Bild eingeschlagen wird, bevor es im Tragekarton mitgenommen werden kann. Großformatige Ölbilder sind in der Artothek Oldenburg nicht für die Ausleihe vorgesehen.

Lagerung der Grafiken

Die Oldenburger Artothek passepartouriert die angekauften Grafiken selbst; die Grafiken müssen also vom Ankauf bis zur Ausleihe ordnungsgemäß zwischengelagert werden. Beschafft wurde dafür ein Zeichenschrank im Format A 0 mit 10 Schubladen, um zu gewährleisten, dass nicht zuviele Grafiken übereinander liegen. Gleichzeitig ist säureneutrales Papier angeschafft worden, um zu Schutzzwecken jeweils einen Bogen zwischen die Grafiken legen zu können. Die Oberfläche des Grafikschrankes dient gleichzeitig als Arbeitsplatte bei der Passepartourisierung und der Rahmung der Grafiken. Alle Schränke, in denen nicht nur Arbeitsmaterialien lagern, sollten abschließbar sein.

Passepartout

Für die sachgemäße Lagerung der Passepartout-Kartons ist ein weiterer Zeichenschrank angeschafft worden, in dem das Passepartout-Papier nach Größen sortiert - aufgehoben wird. Wichtig ist, dass es sich um einen säureneutralen Karton handeln muss und dass auch das Unterlegpapier säurefrei ist. Wir haben uns für einen Passepartout-Karton von 400 Gramm entschieden und ein 90Gramm-Papier als Unterlage verwendet. Ein stärkerer Karton ab 1,2 mm Dicke vergrößert zwar den Abstand der Grafik zur AcryIscheibe im Bilderrahmen und schafft damit ein aus konservatorischen Gründen wünschenswertes Luftpolster, ist aber von Ungeübten schwer zu bearbeiten und vom Material her wesentlich teurer. Ob weißer oder farbiger Passepartout-Karton verwendet wird, muss jede Artothek für sich selbst entscheiden; in Oldenburg haben wir weißes Passepartout-Papier gewählt, damit die Grafikblätter möglichst farbneutral in jede nur erdenkliche Wohnsituation integriert werden können.

Die Grafik wird zum Passepartout-Schneiden vorbereitet, indem sie auf der Rückseite mit Bleistift beschriftet wird. Aufgeführt werden: Inventar-Nummer, Name des Künstlers, Titel der Grafik und Artothek Oldenburg. Danach wird das Passepartout zugeschnitten und mit der Rückseite verbunden durch ein ebenfalls säurefreies Klebeband. Auch die Grafik selber wird mit einem säurefreien Klebeband am Passepartout befestigt. Hier empfiehlt es sich, im Fachgeschäft nach Klebeband zu fragen, das auch von Buchbindern und Restauratoren benutzt wird. Der Passepartout-Karton kann durchaus mit einem einfachen Papiermesser geschnitten werden. Bei stärkerem Karton empfiehlt sich ein Spezial-Passepartout-Schneider, dessen Anschaffungswert bei ca. 90,-- DM bis 120,-- DM liegt, oder bei größerem Bedarf eine Passepartout-Schneidemaschine, wie sie im Fachhandel angeboten wird. Hier ist ein Kostenaufwand ab ca. 700,DM bis 2.700,-- DM und mehr nötig. Das Passepartout-Schneiden im eigenen Haus ist aus Kostengründen der Lösung der Fremdvergabe vorgezogen worden.

Präsentation von Kleinplastik

Da die Artothek Oldenburg auch Kleinplastiken ausleiht, war es auch hierfür wichtig, die geeignete Präsentationsform zu finden, um ein allzu großes Verlustrisiko auszuschließen. Das heißt kleinformatige Arbeiten sind in einer Vitrine aufgehoben, während die größeren Arbeiten frei auf Sockeln im Raum stehen. Bei der Anschaffung der Kleinplastik wird darauf geachtet, dass es sich um Bronzen oder Terrakotta-Arbeiten handelt, die einen Transport überstehen. Schadenanfällige Arbeiten sind in der Ausleihe nicht zu finden. Auch bei den Objektkästen ist Voraussetzung für die Erwerbung, dass möglichst keine Schäden durch eine normale Ausleihe entstehen. Für die schwereren und größeren Arbeiten sind Sockel in verschiedenen Abmessungen angefertigt worden, die, weiß gestrichen, neutral sich dem Raum anpassen und auch verschiedenartige Arbeiten objektgerecht präsentieren können. Die Kleinplastik wird mit einem Namensschild versehen, das den Namen des Künstlers vermerkt. Diese galeriemäßige Präsentation hat sich als ausgesprochen vorteilhaft erwiesen.

Die Kleinplastiken werden wie die Bilder in den eigens dafür angefertigten Tragekartons ausgeliehen. Es handelt sich hierbei um Faltkartons, die in drei verschiedenen Größen den Abmessungen der Kleinplastiken entsprechen. Der Tragekarton ist auch mit einem Aufkleber der Artothek versehen, der auch hier wiederum als Werbeträger dient.Somit ist die Ausleihe von Kleinplastiken ebenso unkompliziert und problemlos wie die Ausleihe der Bilder.

Praktische Handhabung der Bildausleihe

Eine Magazinausleihe bzw. die Bildauswahl anhand von Dias vorzunehmen, hat sich für die Oldenburger Artothek als nicht praktikabel erwiesen; hier wird eine Direktausleihe praktiziert. Räume von ca. 70 qm stehen für den Ausleihvorgang zur Verfügung; weiß getünchte Wände, die zum Teil mit einer Doppelhängung versehen sind, laden die Besucher ein, sich ihr Bild direkt von der Wand mitzunehmen. Bei der Aufhängung haben wir uns nicht an den kostenaufwendigen Galeriesystemen orientiert. Eine Leichtmetallschiene, die auf Abstand gedübelt an den Wänden angebracht ist, mit Galeriehaken versehen, um die Nylonschnüre aufzunehmen, tut hier voll ihre Dienste. Die Entleiher können ohne Komplikationen ein gewünschtes Bild direkt von der Wand nehmen; eine sofortige Nachhängung ist rasch und problemlos möglich. Bilder, die aus Platzgründen nicht aufgehängt werden können, werden an der Wand gestapelt. Dies ist möglich, weil die Acrylverglasung Bruchschäden weitgehend ausschließt. Allerdings muss auf die Ordnung nach Formatgrößen geachtet werden, um Kratzer zu vermeiden. Die ständige Nachhängung findet großen Anklang bei den Entleihern, denen auf diese Weise die Vielfalt des Artotheksangebotes sichtbar und deutlich wird,

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